Die EZB in Frankfurt

Die erste Leitzinsentscheidung in 2023

Viele sehen einen weiteren großen Zinsschritt als eindeutig an. Doch wird die Entscheidung tatsächlich so eindeutig? 💶💶 ==> Ergebnis: +50BP

Heinz Hofstaetter
31. Januar 2023

Die Überschrift macht schon eines klar: Niemand rechnet damit, dass der Leitzins auf den aktuellen 2,5 Prozentpunkten bleiben wird. Praktisch jeder Experte geht von einem weiteren Zinnschritt nach oben aus. Aber warum ist das so und wie groß wird dieser Zinsschritt ausfallen?

Warum sieht jeder Experte eine weitere Zinserhöhung als gegeben an?

Der Hauptgrund für die vorhandenen Erwartungen ist natürlich die weiterhin hohe Inflation. Im Dezember 2022 hat sich die Inflationsentwicklung zwar etwas abgekühlt, aber mit 9,2 % in der Eurozone sehen wir immer noch die höchste Inflationsrate in der Geschichte der Union. Demnach fordern viele von der EZB eine Gegenmaßnahme in Form einer Zinserhöhung um 0,5 Basispunkte. Doch die Zentralbanker stellen sich immer die Frage, wie stark die Inflation auf die Fiskalpolitik zurückzuführen ist.

Hinweis: Der FED Zinssatz liegt derzeit bei 4,5 Prozent, weshalb auch viele Experten meinen, in Europa ist auch noch viel Spielraum nach oben.

Einflüsse auf die Inflation

Inflation entsteht nicht nur durch die Geldmenge auf den Märkten. Erhöhte Energiepreise oder ein aufgeheizter Arbeitsmarkt können ebenfalls entscheidende Einflussfaktoren sein.

Wir befinden uns derzeit in einer sehr spannenden Zeit in der europäischen Wirtschaftsgeschichte. Jahrzehntelang wurde die Wirtschaftsleistung auf dem alten Kontinent durch günstige Gaspreise künstlich gestützt. Zahlreiche Unternehmen haben sich darauf eingestellt, dass Gas eine günstige Ressource ist. Diese Ära ist durch den Angriffskrieg Russlands beendet worden. Es war vielleicht sogar ein großer Grund für Russland die Ukraine kriegerisch zu überfallen. Der Kreml dachte wohl, Europa hat lieber günstiges Gas als eine freie Ukraine. Dieses Signal hat die Europäische Union immerhin schon 2014 bei der Annektion der Krim gesendet.

Europa ist an einem Wendepunkt

Die Realität sieht heute aber anders aus. Europa hat sich quasi implizit darauf geeinigt, dass es seine Wirtschaft umstellen und diversifizieren möchte. Natürlich wurden in Deutschland Flüssiggas-Terminals eröffnet und wir kaufen Gas über eine Pipeline aus Algerien oder über die Transadriatische Pipeline aus Aserbaidschan. Aber es existiert auch eine Umstellung auf gaslose Alternativen. Dadurch wird die energiebedingte Inflation eingeschränkt ohne dass die EZB irgendwie agiert.

Ähnliches gilt für den Arbeitsmarkt. Wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften aus Sicht der Unternehmen hoch ist, dann treibt dies die Löhne nach oben. Hohe Löhne werden über steigende Produktpreise an die Verbraucher weitergegeben. Steigende Produktpreise bedeuten Inflation.

Trotz der stagnierenden Wirtschaftslage sind die Arbeitslosenzahlen in Europa eher gering. Im Euro-Raum lagen wir Ende des letzten Jahres bei sechs Prozent. In Deutschland sogar nur bei drei Prozentpunkten. Den Ländern in Europa wird langsam klarer, dass sie eine geordnete Einwanderung brauchen. Das zeigt sich beispielsweise deutlich an der Einwanderungsreform in Deutschland.

Auch eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt wird die Inflation senken, ohne dass die EZB einen Finger rühren muss.

Welchen Zinsschritt werden wir nun am 2. Februar sehen?

Es wäre natürlich töricht von mir, wenn ich etwas anderes als die Vielzahl von Experten erwarten würde. Die Wahrscheinlichkeit für eine Anhebung des Leitzinses auf 3 Prozentpunkte ist sehr hoch.

Aber wegen den oben genannten Gründen und der konservativen Gangart der EZB würde mich auch ein Schritt um lediglich 0,25 Basispunkte nicht verwundern. Zumindest gehe ich stark davon aus, dass ein zweiter Zinsschritt im Jahr 2023 nur mehr 0,25 Prozent betragen wird und dann die Zinsen eher stabil bleiben.

Die Europäische Zentralbank soll zwar keine politischen Ziele verfolgen, aber gerade die südlichen Länder Europas, derzeit vor allem Spanien, befinden sich in einer finanziell schwierigen Situation, die mit höheren Zinsen nicht leichter wird.

Die EZB betriebt hier also einen Balanceakt zwischen ihrer Hauptaufgabe, der Bekämpfung der Inflation und politischen bzw. wirtschaftlichen Erwägungen. Ich denke, diese Balance findet sich sehr gut mit einem Zinsniveau rund um die drei Prozent.

Hier noch weitere Stimmen:

https://www.erstegroup.com/de/research/report/de/ER2618

https://newsroom.sparkasse.at/2023/01/09/marktkommentar-was-bringt-das-neue-jahr-2023/98368


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EZB Entscheidung zu Leitzinsen

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Über Heinz Hofstaetter

Heinz Hofstaetter ist seit 2016 Geschäftsführer der FRC-Finance & Risk Consult GmbH. Als Betriebswirt mit Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Bankkaufmann begann er seine berufliche Laufbahn bei KPMG in Frankfurt am Main in den Bereichen Industrie, Anlagenbau, Lebensmittel, Banken und Corporate Finance.

Es folgte der Einstieg in das Bank- und Kapitalmarktgeschäft bei der Bank Austria Investmentbank in Wien. Als langjähriger Prokurist und Vorstand der HYPO NOE im Bereich Finanzierung (Public Finance, Real Estate, Project Finance) mit einer Bilanzsumme von ca. 15 Mrd. und als Geschäftsführer von zwei Investmenthäusern in Österreich beschäftigte er sich intensiv mit den Themen Finanzierung und Kapitalmarktanlagen. Er war unter anderem verantwortlich für ein diversifiziertes Portfolio von Assets under Advisory von 6,5 Mrd. EUR in allen Vermögensklassen.

Darüber hinaus hat Herr Hofstaetter bis 2008 eine nachhaltige Verbriefungsplattform für langfristige Vermögenswerte aufgebaut. Das Setup einer Bewertungsplattform von 2009 bis 2015 für komplexe Finanzinstrumente in Frankfurt am Main rundet seine universelle Ausrichtung ab.