Portfoliogedanke bei kommunalen Finanzinstrumenten (Veranlagung & Finanzierung)

Heinz Hofstaetter
20. Juli 2020

Was heißt eigentlich „Portfolio“? Unter Portfolio hat man ursprünglich eine Mappe verstanden, in der ein Künstler seine Bewerbungsunterlagen präsentiert hat. Dabei waren stets mehrere Kunstwerke vorhanden.

Somit stellt ein Portfolio einen Bestand an artverwandten Rechtsobjekten, wie zB. Finanzinstrumente dar.

https://de.wikipedia.org/wiki/Portfolio

Bei kommunalen Finanzierungen und Finanzinstrumenten sollte der Portfoliogedanke sowohl auf der Veranlagungs- als auch auf der Finanzierungsseite berücksichtigt werden.

Nicht alle Eier in einen Korb…

Grundsätzlich ist bei jedem Finanzgeschäft, das eine Gemeinde abschließt, auf die Bonität des Vertragspartners zu achten. Dieser Grundsatz sollte noch stärker berücksichtigt werden, wenn die Gemeinde im Rahmen des Produktes Gläubiger wird, also dem Vertragspartner Geld leiht oder zur Verfügung stellt.

Die Bonität steht auch für die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners. Bereits mit jedem Guthaben auf dem Girokonto bzw. mit jeder Spareinlage gewährt die Gemeinde einer Bank einen Kredit. Diese Einlagen verwendet die Bank in der Regel, um im Rahmen ihrer Geschäftsaktivtäten einen Kredit an ihre Kunden auszureichen oder eine sonstige Veranlagung durchzuführen.

Je besser diese Kreditwürdigkeit ausfällt, desto leichter und billiger kann sich diese Person (in unserem Fall die Bank) einen Kredit beschaffen. Auch der Kauf einer Anleihe durch eine Gemeinde oder jede andere Art der Veranlagung durch die Gemeinde ist am Ende zumindest die Einräumung eines Kredites oder gar die Hingabe von Eigenkapital.

…aber in welche Körbe…

Die Bonität wird anhand unterschiedlicher Parameter gemessen und spiegelt sich zB. in einem Rating wider. Dabei gibt es sowohl harte Fakten (wie zB. die Höhe der finanziellen Verpflichtungen in Relation zur Finanzkraft oder auch das ausgewiesene Eigenkapital) als auch weiche Fakten (wie zB. die Qualität des Managements des Vertragspartners).

Wesentlich für die Gemeinde ist auch, dass die Bonität mehrerer potentieller Vertragspartner in Relation zu den angebotenen Erträgen gesetzt wird (zB. Zinsertrag). Oftmals versuchen Vertragspartner mit geringer Bonität, dieses Manko mit höheren Zinserträgen zu kompensieren. Dies sollte stets abgewogen werden und im Zweifelsfall dem Partner mit der besseren Bonität der Vorzug gegeben werden. 

Ein Punkt ist auch, ob die Gemeinde nicht nur Gläubiger sondern eventuell gleichzeitig auch Schuldner des Vertragspartners ist und ob im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners eventuell die wechselseitigen Verpflichtungen gegenseitig aufgerechnet werden können.

...und wie sind diese Körbe beschaffen?

In der Regel ist es für Gemeinden aufwendig und schwierig, die Bonität von möglichen Vertragspartnern exakt einschätzen zu können. Informationen über die Bonität sind jedoch wichtig. Im Rahmen der Ermittlung der Bonität können Gemeinden auf externe Stellen, wie Ratingagenturen zurückgreifen. Leider liegen jedoch oftmals keine Einstufungen vor.

Es ist jeder Gemeinde nur zu empfehlen, eine kurze interne Bonitätsüberprüfung selbst durchzuführen. Dabei kann die Gemeinde sehr einfache Kennzahlen wie zB. Bilanzsumme, Eigenkapital, Jahresergebnis oder Mitarbeiterzahl heranziehen oder sich auch auf den eigenen Hausverstand stützen.

Die Bonität der Vertragspartner ist aber nicht nur bei Abschluss wichtig, sondern sollte auch laufend (zB. jährlich) überprüft und beurteilt werden. Bei Bonitätsverschlechterungen sollte unter Berücksichtigung von eventuellen Spesen auch ein Wechsel der Vertragspartei in Betracht gezogen werden. Ein regelmäßiges Reporting rundet das Bild ab.

Grundsätzlich sollte insbesondere auf der Einlagenseite bzw. bei Veranlagungen kein Klumpenrisiko entstehen und für ausrechend Diversifikation gesorgt werden (zB. bei keinem Vertragspartner mehr Engagement als ein gewisser Prozentsatz…). Die Vermeidung von Konzentrationen sollte aber grundsätzlich auch für die Finanzierungsseite gelten. Das kann sowohl Vertragspartner als auch Produkte betreffen.

Das trifft auch auf die Relationen zwischen variablen und fix verzinsten Finanzierungen zu. Deutschland gibt den Ton an - mit der Mehrheit von fixen Finanzierungen bei deutschen Kommunen.


Abschließend darf ich ganz allgemein noch ein paar wesentliche Botschaften übermitteln, die im kommunalen Bereich für Veranlagungen und Finanzierungen hilfreich sind.

Heinz Hofstaetter, Österreichischer Gemeindebund
  • Die Laufzeit bzw. aktuelle Restlaufzeit von Veranlagungen (Behaltedauer) muss den jeweiligen Liquiditätserfordernissen angepasst sein. Damit soll dem jeweiligen Risiko zum jeweiligen Zeitpunkt Rechnung getragen werden. Hilfreich kann dazu eine Liquiditätsrechnung oder der mittelfristiger Finanzplan sein.
  • Veranlagungen sollten ausschließlich in liquide Finanzinstrumente erfolgen. Das heißt, dass die Instrumente jederzeit zu marktkonformen Kosten gehandelt werden können, ohne dass die Marktpreise wesentlich beeinflusst werden.
  • Bitte achten Sie auf Produkte, die zwar im EUR abgerechnet werden aber grundsätzlich auf Fremdwährung lauten (zB. Wertpapiere in Fondsveranlagungen). Hier wäre sowohl eine Begrenzung im Volumen nach oben als auch eine gewisse Mindesthaltedauer sinnvoll, da sich Währungsschwankungen über der den Zeitablauf eventuell ausgleichen könnten.
  • Die Laufzeit der Finanzierung von Investitionen sollte sich an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer orientieren, damit nicht nach Ablauf der Nutzungsdauer noch Finanzierungskosten zu tragen sind. Auf der anderen Seite sollten auch zu lange Finanzierungslaufzeiten vermieden werden, da dies sonst zu überhöhten Finanzierungskosten führen kann.
  • Gemeinden sollten in der Regel zumindest über zwei Finanzierungspartner mit Hausbankfunktion verfügen.
  • Entscheidungen sollte immer auf der Basis einer festgeschriebenen Marktmeinung der Gemeinde erfolgen.
  • Finanzinstrumente sollten nicht nur beim Abschluss analysiert werden, sondern auch einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden.
  • Ein laufendes Reporting an die Entscheidungsträger ist unumgänglich.
Über Heinz Hofstaetter

Heinz Hofstaetter ist seit 2016 Geschäftsführer der FRC-Finance & Risk Consult GmbH. Als Betriebswirt mit Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Bankkaufmann begann er seine berufliche Laufbahn bei KPMG in Frankfurt am Main in den Bereichen Industrie, Anlagenbau, Lebensmittel, Banken und Corporate Finance.

Es folgte der Einstieg in das Bank- und Kapitalmarktgeschäft bei der Bank Austria Investmentbank in Wien. Als langjähriger Prokurist und Vorstand der HYPO NOE im Bereich Finanzierung (Public Finance, Real Estate, Project Finance) mit einer Bilanzsumme von ca. 15 Mrd. und als Geschäftsführer von zwei Investmenthäusern in Österreich beschäftigte er sich intensiv mit den Themen Finanzierung und Kapitalmarktanlagen. Er war unter anderem verantwortlich für ein diversifiziertes Portfolio von Assets under Advisory von 6,5 Mrd. EUR in allen Vermögensklassen.

Darüber hinaus hat Herr Hofstaetter bis 2008 eine nachhaltige Verbriefungsplattform für langfristige Vermögenswerte aufgebaut. Das Setup einer Bewertungsplattform von 2009 bis 2015 für komplexe Finanzinstrumente in Frankfurt am Main rundet seine universelle Ausrichtung ab.