Corona Hilfspaket 2020 für Gemeinden und Überlegungen in Bezug auf Finanzierungsaspekte…

Heinz Hofstaetter
4. Juni 2020

Aktuell wurde ein umfangreiches Corona Hilfspaket 2020 für Städte und Gemeinde im Ausmaß von EUR 1 Mrd. auf den Weg gebracht. Wir werden bald in diesem Blog auch noch praxisorientiert darüber berichten. Trotzdem oder gerade deswegen werden die Gemeinden in der aktuellen Krise effiziente Kreditbedingungen benötigen. Diese gewährleisten wir für unsere zahlreichen Kunden mit unserem Expertenwissen und der partnerschaftlichen Begleitung bei Kreditausschreibungen inklusive einem laufenden Finanzierungscontrolling, auch auf dem digitalen Weg.

Im Vorfeld des Hilfspakets kam wieder der Gedanke der Städte und Gemeinden, sich über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) zu refinanzieren. Diese Idee, die ich seit Jahren mit Aufmerksamkeit verfolge, ist einige Jahrzehnte alt und wurde bisher vom Bund begründet stets kritisch gesehen.

Nachfolgend möchte ich diese Situation, die sich offensichtlich über die Jahre nicht geändert hat, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des „Konzerns Republik Österreich AG“ beleuchten.

Bekanntlich wird die Republik Österreich wesentliche Teile zur Finanzierung der Corona Hilfspakete mit vielen Milliarden am Kapitalmarkt über internationale Investoren aufnehmen. Das bisher bewährte System über die OeBFA wird hoffentlich weiterhin eine effiziente Mittelaufnahme gewährleisten. Der Bund verfügt zudem über eine ausgereifte Finanzierungsstruktur mit einer nachhaltigen Schuldenmanagementstrategie. Der Großteil der Anleihen der Republik ist mit einer fixen Verzinsung ausgestattet. Von den Aktivitäten können auch die Bundesländer profitieren. Trotzdem verfügen fast alle Bundesländer (teilweise mit eigenem externen Rating) auch über eigene Refinanzierungsaktivitäten.

Für die Gemeinden geht es um große Beträge, aber für die Republik in Relation zum Gesamtschuldenstand um ein geringes Volumen mit eventuell großen Auswirkungen. Die Schulden der Gemeinden, die sich ohne der Stadt Wien auf nur rd. 3% der gesamten Staatsschulden belaufen, sind bekanntlich überwiegend variabel verzinst[1]. Im Fall von Fehlentwicklungen bei den Gemeinden kann dies insgesamt negative Auswirkungen auf die Bonität der Republik Österreich haben. Die Städte und Gemeinden verfügen in der Regel auch über kein externes Kapitalmarktrating. Zusätzlich muss erwähnt werden, dass bei Gemeinden bekanntlich auch keine verfassungsrechtliche Beistandspflicht existiert und damit zumindest rechtlich ein Konkurs einer Gemeinde nicht ausgeschlossen ist[2].

Wirtschaftlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sich der Bund mit seiner ausgezeichneten Bonität und den daraus abgeleiteten Ratings sowie den nachhaltigen Transaktionen grundsätzlich billiger finanzieren kann als die Gemeinden, auch durch den Einsatz anderer Instrumente. Zu berücksichtigen wären allerdings neben etwaigen Risikokosten auch die Organisation bzw. Betreuung der Weitergabe der Mittel an über 2.000 Gemeinden sowie eventuelle Kosten von Zinstauschgeschäften oder andere Transaktionskosten. Darüber hinaus würde die Flexibilität der Gemeinden deutlich sinken. Es gäbe praktisch nur das „Geld von der Stange“ und keine maßgeschneiderten Finanzierungsbedingungen, wie wir dies bei fast allen Gemeinden und ihren Projekten täglich sehen.

Die Gläubiger der Gemeinden werden somit aktuell weiterhin überwiegend österreichische Finanzierungspartner mit Bezug zur Region sein. Dies gilt umso mehr, falls die verfassungsrechtliche Beistandspflicht nicht umgesetzt wird, wovon eher auszugehen sein wird. Aus diesen nachhaltigen Kundenpartnerschaften der Gemeinden und Banken konnten wir bei den von uns betreuten Gemeinden bereits in der Finanz- und Euro-Krise große Vorteile abgewinnen. Ich gehe davon aus, dass sich dies auch in der aktuellen Krisensituation wiederum bewähren wird. Die Gemeinden brauchen somit die Banken und die Banken die Gemeinden. Aktuelle Gespräche mit unseren Kunden und deren Finanzierungspartner bestätigen unsere Einschätzung. Partnerschaften sind wieder gefragt, auch bei Gemeinden und Banken.

Damit könnten bei einer Refinanzierung der Gemeinden über die OeBFA aus meiner Sicht im Rahmen einer Gesamtbetrachtung durchaus die wirtschaftlichen Nachteile für den „Konzern Österreich AG“ überwiegen. Trotzdem sollte bei den Städten und Gemeinden eine effiziente und partnerschaftliche Kreditaufnahme gewährleistet sein. Ich bin daher überzeugt, dass im Rahmen eines effizienten Finanzierungscontrollings viele Gemeinden auch bei bestehenden Finanzierungen wesentlich größere Vorteile heben sollten, als sie bei einer theoretischen Refinanzierung von neuen Schulden über die OeBFA überhaupt unterm Strich erzielen könnten; und dies bei voller Flexibilität der Gemeinden.

Diese Aussage kann ich durch die Analyse von rd. fünfhundert Schuldennachweisen bestätigen, die ich in den letzten Monaten österreichweit durchgeführt habe. Dabei führen eine Vielzahl von Maßnahmen zum Erfolg. Neben einem konsequenten Monitoring von langfristigen Finanzierungen und einer laufenden Betreuung des Kreditportfolios denke ich vor allem an mögliche Heranführungen bestehender Finanzierungen an den aktuellen Markt und eine mögliche Umstellung auf Fixzinsvereinbarungen. Mögliche Einsparungen von 0,5% bis zu rd. 1% bei den Zinszahlungen pro Jahr sind dabei keine Seltenheit gewesen. Folgt man höchstgerichtlichen Entscheidungen und geht davon aus, dass die gesamten Zinskosten von Krediten (Indikator plus Aufschlag) nicht unter 0% sinken können, so wäre ein Zinssatz von 0,70% p.a. fix auf 20 Jahre doch durchaus attraktiv für Gemeinden. Zusätzlich würde das Zinsänderungsrisiko der Gemeinde deutlich sinken (oder eventuell gänzlich ausgeschaltet werden) und die Planungssicherheit steigen.

Fast hätte ich es vergessen: Aufschläge bei variablen Finanzierungen liegen aktuell bei rd. 0,50% (mit Untergrenze 0%) aber mitunter sind Fixzinssätze bei kürzeren Laufzeiten auch noch tiefer.

Gerne stehen wir unter support@frc-consult.com für Sie zur Verfügung.


[1] vgl. Bericht über die Öffentlichen Finanzen 2018 – 2020, Dezember 2019, Fiskalrat, https://www.fiskalrat.at/ und eigene Recherchen

[2] vgl. Dr. Martin Huber, https://gemeindebund.at/koennen-gemeinden-in-konkurs-gehen/ 

Über Heinz Hofstaetter

Heinz Hofstaetter ist seit 2016 Geschäftsführer der FRC-Finance & Risk Consult GmbH. Als Betriebswirt mit Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Bankkaufmann begann er seine berufliche Laufbahn bei KPMG in Frankfurt am Main in den Bereichen Industrie, Anlagenbau, Lebensmittel, Banken und Corporate Finance.

Es folgte der Einstieg in das Bank- und Kapitalmarktgeschäft bei der Bank Austria Investmentbank in Wien. Als langjähriger Prokurist und Vorstand der HYPO NOE im Bereich Finanzierung (Public Finance, Real Estate, Project Finance) mit einer Bilanzsumme von ca. 15 Mrd. und als Geschäftsführer von zwei Investmenthäusern in Österreich beschäftigte er sich intensiv mit den Themen Finanzierung und Kapitalmarktanlagen. Er war unter anderem verantwortlich für ein diversifiziertes Portfolio von Assets under Advisory von 6,5 Mrd. EUR in allen Vermögensklassen.

Darüber hinaus hat Herr Hofstaetter bis 2008 eine nachhaltige Verbriefungsplattform für langfristige Vermögenswerte aufgebaut. Das Setup einer Bewertungsplattform von 2009 bis 2015 für komplexe Finanzinstrumente in Frankfurt am Main rundet seine universelle Ausrichtung ab.